Eine Realschule auf dem Lande

(von Hans-Joachim Lindenberg zum 25. Schuljubiläum im Jahre 1986)

Am Anfang war Skepsis: „Sagen sie bloß, in Emlichheim gibt´s eine Mittelschule“, wunderte sich eine Nordhorner Krankenschwester im Frühjahr 1962. „Lohnt sich das denn für die paar Männeken?“ Ich erklärte ihr, die Emlichheimer Mittelschule sei ein Jahr zuvor mit 46 Schülern einer 5. Klasse gestartet, und jetzt, Ostern 1962, sollten zwei 5. Klassen mit zusammen 58 Schülern dazukommen. „Na ja, die erste Neugierde“, war der Kommentar. Sicherlich stand damals die Nordhorner Schwester mit ihrer Skepsis nicht allein. Außer ihr wird mancher am Aufkommen und an der Leistungsfähigkeit einer weiterführenden Schule in der Nordwest-Ecke der Grafschaft Bentheim gezweifelt haben.

Es hat sich dann bald gezeigt, dass sich die Mittelschule/Realschule Emlichheim vom ersten Jahre ihres Bestehens an kontinuierlich entwickelt hat. Als mit Beginn des Schuljahres 1965/66 die „Startklasse“ geteilt wurde, war die Schule durchgehend zweizügig und blieb so bis Ende der sechziger Jahre.

1973 und 1974 nahm unsere Schule wegen der Einführung der Orientierungsstufe in Emlichheim keine Schüler auf. Demzufolge verminderte sich die Gesamtschülerzahl um reichlich 100, und die Anzahl der Klassen ging von 15 auf 12 zurück. Auffällig war aber, dass die Schülerfrequenz und Klassenzahl schnell wieder anstiegen und im Schuljahr 1977/78 sogar größer waren als vor Gründung der Orientierungsstufe, sicherlich eine Folge des Nachrückens geburtenstarker Jahrgänge. Seitdem zeigt jedoch die Schülerzahl eine insgesamt fallende Tendenz („Pillenknick“) und wird auch in den kommenden Jahren weiter absinken.

Der Einzugsbereich unserer Realschule ist das Gebiet der Samtgemeinde Emlichheim mit den Gemeinden Laar, Emlichheim, Ringe und Hoogstede. Von unseren derzeit 382 Schülern benutzen 229 öffentliche Verkehrsmittel, 149 fahren mit dem Rad zur Schule, nur vier sind Fußgänger. Von 1966 bis 1985 haben insgesamt 1483 Schülerinnen und Schüler an unserer Schule den Realschulabschluss erworben.

Für die zahlenmäßig starke Anfangsklasse bot sich im Schuljahr 1961/62 nur der Klassenraum in einem alten Schulhaus (Baujahr 1911) an, welches seitlich hinter der damaligen Evangelischen Volksschule, dem heutigen Vordergebäude der Realschule, stand und früher „Evangelische Schule am Kolk“ genannt worden war. Im August 1961 wurde mit dem Bau eines „Technischen Traktes“ begonnen, der die Ev. Volksschule mit Fachräumen für Werken und den naturwissenschaftlichen Unterricht ergänzen sollte. Ob die Fachräume von beiden Schulen gemeinsam oder nur von der Mittelschule genutzt werden sollten, vermochte damals noch niemand zu sagen.

Im Mai 1962 zog die Mittelschule mit ihren drei Klassen in das neue Gebäude ein. Die 6. Klasse erhielt den Werkraum (der Raum ist seitdem stets Klassenraum geblieben), die beiden 5. Klassen kamen sich in ihren großen, aber lichterfüllten und modern möblierten Räumen vermutlich etwas verloren vor. Im Erdgeschoss konnte ein kleines Lehrerzimmer eingerichtet werden, welches auch das Dienstzimmer des Schulleiters Herrn Warsen war. Im Sommer 1962 wurde ein Physik-/Chemieraum mit zwei kleinen Sammlungsräumen bezugsfertig.

Im zweiten Jahr ihres Bestehens hatte die junge Mittelschule keine Raumprobleme, dafür wurden sie in den Folgejahren umso drückender. Etwas mehr Luft bekamen wir, als Mitte der sechziger Jahre die Ev. Volksschule ein neues Haus auf dem Schulgelände beziehen konnte, aber richtig frei bewegen konnten wir uns erst, als unsere Schule 1967 einen weiteren Gebäudetrakt mit acht Klassenräumen erhielt. Dieses Gebäude ist heute das Gymnasium Emlichheim. Ebenfalls 1967 wurde eine Lehrküche eingerichtet, für den Werkunterricht waren zwischenzeitlich Kellerräume ausgebaut worden. Etwa gleichzeitig mit dem Neubau der Ev. Volksschule – der jetzigen Hauptschule – wurde Mitte der sechziger Jahre eine Turnhalle mit Gymnastikraum und Lehrschwimmbecken fertig.

Auf dem Schulgelände am Lägen Diek standen nunmehr die Evangelische Volksschule, der „Zobelbau“ und die Realschule, der „Kriegerbau“ (nach den Nordhorner Architekten Werner Zobel und Knut-H. Krieger), einander gegenüber. Der gemeinsame Pausenhof beider Schulen wurde außerdem eingerahmt von dem Sportkomplex und dem alten Schulhaus am Kolk. „Schulzentrum am Lägen Diek“ sagte man dazu, aber kaum jemand wird in diesen Jahren – um 1970 – geahnt haben, dass dies alles erst der Anfang war.

Die Bautätigkeit auf dem Schulgelände lebte 1974 wieder auf. In siebenmonatiger Bauzeit entstand eine moderne Großsporthalle. Anfang 1974 ging ein Neubau für die im Jahr zuvor in Emlichheim eingerichtete Orientierungsstufe in Planung. Im Sommer 1975 wurde dafür ein dreigeschossiges Schulhaus mit 16 Klassenräumen vollendet. Im Zusammenhang mit der Orientierungsstufe stand die Gründung des Gymnasiums in Emlichheim. Da die Orientierungsstufe 1975 die ersten Gymnasialschüler abgeben würde, bemühte sich der Samtgemeinderat bei den zuständigen Behörden um die Einrichtung eines Gymnasiums ab 1975. Am 7. August 1975 nahm ein zweizügiges Gymnasium seine Arbeit auf.

In der zweiten Hälfte der siebziger Jahre wurden noch zwei weitere Großprojekte verwirklicht; ein naturwissenschaftlicher Trakt und das sogenannte „Sechseck“. Der naturwissenschaftliche Trakt ist baumäßig der Orientierungsstufe angegliedert, er enthält sechs Übungsräume für Biologie, Physik, Chemie, einen Hörsaal, große Sammlungsräume, eine Werkstatt und einen „Lehrerstützpunkt“. Das Sechseck, ein architektonisch interessanter Bau, beherbergt die Fächer Hauswirtschaft, Kunst, Textiles Gestalten und Gestaltendes Werken; im Keller ist ein Fotolabor untergebracht.

Naturwissenschaftlicher Trakt und Sechseck werden von den vier Schulen des Schulzen-trums gemeinsam genutzt. Beide Gebäude sind mit modernsten technischen Einrichtungen ausgestattet. Die sehr umfangreichen und wertvollen naturwissenschaftlichen Sammlungen erfüllen alle Ansprüche eines zeitgemäßen Unterrichts.

1979 schließlich wurden Gymnasium und Realschule durch einen eingeschossigen Verwaltungstrakt miteinander verbunden. Die Bauleitung sämtlicher Projekte, die in den siebziger Jahren im Schulzentrum entstanden, lag in Händen des Emlichheimer Architekten Hermann Kuipers.

Unserer Realschule, 1961 als erste weiterführende Schule in Emlichheim gegründet, gehört heute – neben Orientierungsstufe, Hauptschule und Gymnasium – zu einer voll ausgebauten Sekundarstufe I. Die genannten Schulen sind organisatorisch selbständig, womit aber nicht gesagt sein soll, dass sie sich voneinander abkapseln. Im Gegenteil – die räumliche Nähe bietet Zusammenarbeit geradezu an. Zeitweilige Engpässe in einzelnen Unterrichtsfächern können durch Abordnungen von Lehrkräften oft gemildert werden. Die gemeinsam genutzten Einrichtungen – Sportstätten und Fachtrakte – bieten tägliche Gelegenheiten zu „schulformübergreifenden“ Kontakten der Fachkollegen, bei denen der Austausch von Erfahrungen und Anregungen ganz selbstverständlich ist. Das Gymnasium und die Realschule haben 1980 eine gemeinsame Lehrerbibliothek eingerichtet. Für die nahe Zukunft ist geplant, dem naturwissenschaftlichen Trakt eine Abteilung „Informatik“ anzugliedern; Arbeitsgemeinschaften aller vier Schulen sollen hier den Umgang mit Computern lernen können.

Mit 25 Jahren darf auch eine Schule als „erwachsen“ gelten. Die Jahre des Aufbaus liegen hinter uns. Als fortwährende Aufgaben verbleiben der innere Ausbau der Schule und die Gestaltung des Schullebens, vor allem aber unsere Bemühungen um die jungen Menschen, die zu uns kommen, um zu lernen. Die zurückgehenden Schülerzahlen – in wenigen Jahren wird unsere Schule dreizügig mit kleinen Klassen sein – lassen uns nicht resignieren. Niedrige Klassenfrequenzen eröffnen im Gegenteil Chancen für einen noch effektiveren Unterricht, für die intensive Betreuung jedes einzelnen und eine optimale Förderung aller. Eine vielleicht nur langsame, dafür aber stetige Anhebung des Leistungsniveaus kann nur im wohlverstandenen Interesse der uns anvertrauten Schüler liegen.

 

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